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31.08.2023

Die personelle Situation der Physiotherapiepraxen

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Kommentierende Analyse der Eckdatenstudie

Die 1. Eckdatenstudie Physiotherapie, initiiert von ETL ADVISION und dem Fachmagazin TT-DIGI, deren Ergebnisse vom Meinungsforschungsinstitut Würtenberger bei Betreibern von Physiotherapiepraxen abgefragt wurden, schließt eine strategische Lücke. Bislang existierte kein unabhängig erstelltes Zahlenwerk, das wesentliche Zahlen, Daten und Fakten des Marktes erfasste und der Branche zur Verfügung stellte. Die Resonanz nach der Veröffentlichung ist erwartungsgemäß sehr groß, sodass die Studie im nächsten Jahr nicht nur wiederholt, sondern auch weiter ausgebaut werden wird. Die wichtigsten Ergebnisse der Studie möchten wir im laufenden Jahr in der TT-DIGI vorstellen und kommentieren. Im zweiten Artikel befassen wir uns mit der personellen Situation der Physiotherapiebranche.

Erstmals wurden repräsentativ Daten zur personellen Situation in der Physiotherapiebranche erhoben. Dabei wurden auch Basisinformationen zu den Mitarbeiter-Strukturen ermittelt. Die Ermittlung dieser Basisinformationen wird weiter fortgeschrieben, sodass bereits mit der zweiten Befragung, die für das Jahr 2023 durchgeführt wird, eine Entwicklungstendenz abzulesen sein wird.

Mitarbeiter-Strukturen in den Praxen

Doch kommen wir zu den konkreten Daten. Im Schnitt beschäftigt eine Physiotherapiepraxis in Deutschland 5,6 Personen. Das Gros der Einrichtungen beschäftigt zwischen 3 –10 Mitarbeiter (65,2%). 11,4% aller Einrichtungen beschäftigen 11 – 20 Mitarbeiter (oder mehr).

Interessant ist, dass immer noch 23,4% der Praxen nur 1– 2 Personen beschäftigen. Es kann mit großer Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass der Inhaber einer solchen kleinen Praxis als Unternehmer meist den ganzen Tag an der Therapieliege arbeitet. Daraus kann man wiederum schließen, dass sich Betreiber von 1 bis 2-Personenpraxen, sich nicht in erster Linie als Unternehmer betrachten, die den Ausbau Ihrer Praxis anstreben.

Die Geschlechterverteilung

Sehr interessant ist auch die Verteilung der Geschlechter in den befragten Praxen. So sind 73,2% der Mitarbeiter weiblichen Geschlechts und nur 26,8% der Mitarbeiter männlichen Geschlechts („Divers“ wurde abgefragt, blieb aber ohne Nennung).

Die Akademisierung der Branche

Die Akademisierung in der Physiotherapiebranche ist noch nicht allzu sehr fortgeschritten. Lediglich 4,6% der Beschäftigten sind Akademiker. Die Akademisierung der Branche wird gerade intensiv diskutiert und wir sind sehr gespannt, welchen Trend die Folgebefragungen aufzeigen werden.

Wenn man beispielsweise einen Blick in die Fitnessbranche wirft, dann stellt man fest, dass in den vergangenen 10–15 Jahren die Akademisierung weit vorangeschritten ist. Das führte dazu, dass viele Betreiber von Fitnessanlagen, Studierende für das duale Studium einstellten. Oftmals ohne einen entsprechenden Job für die Zeit nach dem Studium offerieren zu können. Nach dem Studium gab es für die Absolventen aus diesem Grund in vielen Fällen nur wenige attraktive Stellen, um als Bachelor oder Master einen Arbeitsplatz mit weiterführenden Karriereaussichten zu finden.

Gehaltsstrukturen

Einen interessanten Einblick hat die Befragung im Hinblick auf die Einstiegsgehälter bei Neueinstellungen von Mitarbeitern gegeben.

So gaben 63,1% der befragten Praxen an, Brutto-Einstiegsgehälter zwischen 2.500 € und 2.999 € zu bezahlen und 26,8% der Praxen bezahlen zwischen 2.000 € und 2.499 €.

Überraschend für uns ist die Tatsache, dass 0,7% der Praxen angaben, nur 1.500 – 1.999 € an Einstiegsgehältern zu bezahlen. Immerhin 9,4% der Praxen bezahlen ihren neuen Mitarbeitern Einstiegsgehälter von 3.000 € und mehr.

Fachkräftemangel und die Folgen

Ein großes Augenmerk haben wir bei der Befragung daraufgelegt, abzufragen, ob die Nachfrage nach Mitarbeitern (offene, nicht besetzte Stellen) tatsächlich so groß ist, wie man es insbesondere in den vorigen drei bis fünf Jahren immer wieder gehört hat.

So gaben tatsächlich 57,6% der befragten Betreiber von Physiotherapieeinrichtungen an, dass Sie momentan offene Stellen hätten. Im Schnitt waren 1,3 Stellen pro Praxis vakant.

Wenn man sich diese Werte betrachtet, dann muss man sich um die kleineren Praxen Gedanken machen. Häufig waren es gerade diese Praxen, die die niedrigeren Gehälter bezahlen. Dies liegt wahrscheinlich daran, dass die Ertragskraft dieser Praxen vielleicht nicht so hoch ist, wie in anderen Praxen. Aus diesem Grund könnte man ableiten, dass dann dort auch nicht so üppige Gehälter bezahlt werden können. Wenn dem so ist, dann dürfte der Personalmangel gerade in kleineren Praxen zunehmen, da die größeren Einheiten nicht nur eine bessere Bezahlung, sondern auch ein attraktiveres Arbeitsumfeld mit abwechslungsreichen Arbeitsmöglichkeiten bieten können.

Viele Praxen haben im Zuge des Mitarbeitermangels erkannt, dass die Mitarbeiterbindung sowie die Wirkung der Praxis nach außen (Branding, Marketing), zunehmend an Bedeutung gewinnt. Dies bestätigt auch die vorliegende Eckdatenstudie, die aufzeigt, dass die befragten Praxen im Schnitt 3,4 verschiedene Benefits anbieten, um Mitarbeiter zu halten bzw. an sich zu binden. Auch hier sind wir für die Folgebefragung gespannt, wie sich die Werte verändern werden. Fakt ist jedoch, dass es ohne Zusatzvergünstigen in der Zukunft immer schwieriger wird, die Mitarbeiter in der Praxis zu halten.

Fazit

Aktuell fehlen um Durchschnitt 1,3 Mitarbeiter pro Physiotherapiepraxis. Diese Situation wird das Gehaltsniveau weiter nach oben schrauben. Kleinere Praxen, die keine höheren Gehälter bezahlen können, geraten personell immer stärker unter Druck. Die mittleren und größeren Physiotherapiepraxen profitieren von dieser Situation. Zusatzleistungen für Mitarbeiter zur Bindung an das Unternehmen gewinnen in diesem Zuge dauerhaft an Bedeutung. Ob die Akademisierung in der Branche weiter voranschreitet, werden die nächsten Befragungen zeigen. Aktuell ist der %-Satz der akademischen Angestellten noch unter 5%.

Patrick Schlenz

Hier können Sie die Studie kostenfrei herunterladen: www.studiephysiotherapie.de

Bild: ©Shutterstock.com_1884725521